In den letzten Wochen wurde bereits darüber berichtet, dass die Versicherungsbranche ein Problem hat. Zwar möchte die Versicherungsbranche mit mehr Transparenz und Offenheit werben, um das ohnehin schon angeschlagene Vertrauen der Kunden zu gewinnen, aber gleichzeitig möchte sie nicht die Provision offenlegen. Aus Sicht der Kunden spricht nichts dagegen, dass sie wissen, welche Beträge ein Vermittler für den Abschluss bekommt.
Wenn man in Gedanken einmal die Überlegung durchspielt, dann wirft dies kein gutes Bild auf die Branche. Wenn ein Vermittler mehrere beinahe identische Policen im Angebot hat und eine spezielle empfiehlt, dann kann der Kunde ohne Provisionstransparenz eventuell nicht feststellen, warum diese Variante empfohlen wird. Wenn man jedoch erfährt, dass bei fast identischen Konditionen der Vermittler für gewisse Produkte beispielsweise das Doppelte erhält, dann wird klar, warum einige in der Branche gegen die Offenlegung der Provision sein könnten.
Offiziell könnte die Provisionsoffenlegung für Verwirrung bei dem Kunden sorgen und das Entscheidungskalkül negativ beeinflussen. Im Rahmen dieses Kampfes hat die Versicherungsbranche einen Zwischensieg geschafft, denn aus dem Gesetzesentwurf wurde die Offenlegung der Provision in letzter Minute gestrichen. Dementsprechend bleiben die Kunden im Dunkeln über die Provision. Dieser Rückschlag ist jedoch nicht das Ende. Denn Transparenz scheint aus Brüssel zu kommen.
Neue Änderungen können für Umbruch sorgen
In Brüssel wurde im Februar die sogenannte neue Vermittlerrichtlinie durchgewunken. Das Ziel dieser Reform ist, dass die Kunden sich über mehr Transparenz freuen können. Kunden sollen wissen, wer die Vermittler bezahlt, der Kunde oder eine Versicherungsgesellschaft. Zudem soll dem Kunden offen gezeigt werden, wie sich die Kosten ergeben, die der Kunde zu zahlen hat. Durch diese Änderung wäre die Bundesregierung erneut dazu verpflichtet zu handeln. Andernfalls könnte dies Konsequenzen aus Brüssel nach sich ziehen.
Da die Versicherungsbranche die steigende Transparenz anscheinend als Risiko ansieht, hat sie sogar eine Studie in Auftrag gegeben. Diese Studie hat untersucht, welche Auswirkungen solch eine Änderung haben könnte. Dabei ist im Worst-Case Szenario ein Verlust von bis zu 50% der Vermittlerarbeitsplätze als Ergebnis herausgekommen. Dabei seien vor allem jüngere Marktteilnehmer betroffen, die durch die Änderung enorme Einbußen zu verzeichnen hätten. Bei diesem Szenario wurde davon ausgegangen, dass Honorarberatung gefördert und die Offenlegung der Provision umgesetzt werden müsste.
Diese Angst treibt die Provisionsbranche voran und führt dazu, dass sich erneut Widerstand gegen Änderungen anbahnen. Wenn man sich einmal Gedanken macht, dann ist dies doch relativ bedrückend aus Kundensicht. Sofern der Kunde erfährt, wieviel ein Vermittler bekommt und wie sich die Kosten zusammensetzen, werden 50% der Vermittler ihre Arbeit verlieren? Ist die Branche so unfair und tendenziell falsch, dass dies wirklich eine realistische Konsequenz wäre?
Wenn dies der Fall ist, wäre dies ein umso größerer Grund, diese Änderungen voranzutreiben. Ein transparenter Markt sorgt für mehr Konkurrenz und einen stärkeren Wettbewerb, von dem letztendlich die Summe der Menschen profitiert. Dementsprechend können wir Kunden nur hoffen, dass diese Änderungen in Kraft treten und die Lobby in Zukunft nicht mehr die Oberhand behält.