Es hätte aus einem Loriot-Sketsch sein können, wenn es nicht so traurig wäre. Die Welt am Sonntag hat jüngst einen Skandal bei der EZB aufgedeckt, genauer gesagt bei der spanischen Notenbank. Diese hatte spanische kurzlaufende Anleihen, sogenannte T-Bills als Sicherheit bei Refinanzierungsgeschäften spanischer Kreditinstitute akzeptiert. Kein ungewöhnlicher Vorgang, auch wenn man die Größenordnung von 80 Mrd. Euro berücksichtigt, in der diese als Sicherheiten hinterlegt wurden.
Der Skandal liegt in der Bewertung dieser Anleihen begründet: Die spanische Notenbank hatte die Anleihen als erstklassig eingestuft, was mit sehr geringen Abschlägen an die hinterlegenden Banken verbunden ist. Wer also 1000 Euro Anleihen (erstklassig) hinterlegt, bekommt so 995 Euro Liquidität. Für diese Einschätzung der Bonität sind jedoch auch entsprechende Ratings der Ratingagenturen vonnöten.
Die Kurzläufer aus Spanien erfüllten jedoch nicht die Bedingungen, ein A-Rating, sondern wiesen bei den großen Rating Agenturen lediglich eine B-Note auf. Da die großen Agenturen nicht die gewünschte Note lieferten, wurde auf eine kleinere Rating Agentur ausgewichen, die DBRS, die Spanien noch ein A(low) zubilligt. Das Problem: DBRS bewertet keine Kurzläufer, sondern vergibt nur ein generelles Rating. Nach den Regeln der EZB darf ein solches generelles Rating nur dann angewendet werden, wenn kein spezielles Rating für die betreffenden Papiere vorliegt. Doch dieses lag vor – von eben den großen Agenturen, die eine „zu schlechte“ Bewertung abgaben. Wären die korrekten regeln angewandt worden, hätte dies 3,3 Mrd. Euro weniger Kredit für die spanischen Banken bedeutet.
Diese Regelungen sind übrigens nicht unbekannt, sondern werden von anderen Notenbanken der Eurozone exakt angewandt. In Irland war es beispielsweise so, dass die Notenbank dort Kurzläufer nicht mit der besten Bonität einstufte, da für diese speziellen Papiere kein A-Rating vorlag. Das generelle A-Rating von DBRS, auf welches auch Irland kommt, wurde also richtigerweise ignoriert.
Nachdem die Reporter dieses Verhalten der spanischen Notenbank aufgedeckt hatten, weigerte man sich bei der EZB zunächst, hier tätig zu werden. Man versuche den Sachverhalt zu klären, hieß es lapidar aus der Zentrale. Der Sachverhalt wurde mittlerweile geklärt: Die spanische Notenbank hat entweder wissentlich oder aus Unfähigkeit gegen die Statuten des EZB-Systems verstoßen. Sorgen machen müssen sich die spanischen Banken allerdings nicht, die zu viel zur Verfügung gestellte Liquidität muss nach einer Neubewertung der Sicherheiten nicht zurückgezahlt werden. Man macht es sich in der EZB einfach: Künftig werden auch generelle Emittenten-Ratings akzeptiert, wenn spezielle für die Papiere vorliegen. Damit wird das Fehlverhalten der spanischen Notenbank nachträglich legitimiert, obwohl hier direkt gegen explizite Regeln verstoßen wurde.
Dies ist bezeichnend für die aktuelle Situation in der Eurozone: Wenn Regeln nicht mehr ins Rettungskonzept passen oder gegen diese schon verstoßen wurde, dann werden sie entweder ignoriert oder geändert. Das schafft kein Vertrauen. Es lässt tief blicken, wenn eine Notenbank einfach einseitig die Regeln der Gemeinschaft ignoriert und dafür auch noch belohnt wird, indem dieses Verhalten nachträglich legitimiert wird. Wäre das Wort Skandal nicht durch viele Lappalien vorbelastet, müsste man es hier anwenden. Man darf gespannt sein, was als nächstes passiert. Ein solches Verhalten ist eine quasi direkte Aufforderung zu Moral Hazard!